2016-07-01: Schwabenland

Aus Höhlenverein Hallstatt-Obertraun
Version vom 13. Juli 2016, 21:43 Uhr von Peter Hübner (Diskussion | Beiträge)
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Planung

  • Termin: 1.-5.07.2016
  • Treffpunkt: Freitag, 1.07.2016, 15:30, Parkplatz Simonydenkmal
  • Anmeldung bei: Roland
  • Teilnehmer: Wetti, Roland, Peter
  • Ausrüstung: Schachtzeug
  • Ablauf:
    • Fr: Marsch ins Biwak
    • Sa & So & ev. Mo: Forschung (s. unten) oder Erkundung diverser Schwabenlandteile
    • Mo oder Di: Rückmarsch
  • Ziele:
    • Geplante Forschungsaktivitäten:
      • Majestixdom: Weiterforschen in Richtung des nahen Asterix (derzeitiger Endpunkt: Abseiler in stark bewetterten Canyon)
      • Yorkshireland, derzeitiger Endpunkt: Waagrechter, hoher Gang mit knöcheltiefem Bach am Boden, der Richtung Schacht in der entrischen Halle zielt und vielleicht der Bach ist, der unter den Gruselpassagen "Crack of Dawn" und "Sparrow´s Fart Traverse" in den großen Schacht einmündet.
    • Weitere Optionen:
      • Hochbohren im Doppelschlot am Mexikaner (den Kotresten nach kommen dort vermutlich die Fledermäuse rein)
      • 2 Fragezeichen im Dom der Gelassenheit (Hochbohren)
      • Fragezeichen auf dem Weg zum Majestixdom
    • Nähere Auskünfte bei Peter


Bericht

von Wetti Wielander.

Vom 1.-5.7.2016 fand eine fünftägige und vierköpfige Expedition ins Schwabenland der Hirlatzhöhle statt. Dabei konnten 91m Neuland im „Kaugummischlot“ vermessen werden.


Freitag, 1.7.:

Am späteren Nachmittag trifft sich das Expeditionsteam am Parkplatz, isst zur Stärkung noch Pizza und dann geht es bei mörderischer Hitze hinauf zur Höhle. Peter, Stajgr, Max und Wetti haben jede Menge zu schleppen und sind Roland dafür dankbar, dass er ihnen beim Materialtransport hinauf zur Höhle hilft. Nassgeschwitzt kommt das Team bei der Höhle an, nur um im extrem windigen Eingangsschluf fast zu erfrieren. Na ja, so schlimm ist’s dann doch wieder nicht, aber Wetti hat so ihre Mühen, mit kalten Fingern das Vorhängschloss auf zu bekommen. Der anschließende Zustieg zur Sprengstelle verläuft problemlos, sodass beschlossen wird, gleich zum Schwabenlandbiwak weiter zu gehen.

Man wählt den altbekannten Normalweg und braucht dafür ab der Sprengstelle gute sechs Stunden. Insgesamt ist die Gruppe ab dem Höhleneingang acht Stunden unterwegs. Der Weg ist feucht und rutschig, die mit Halteseilen abgesicherten Kletterstellen auch nicht ohne, der Schleifsack scheint immer schwerer zu werden. Ein mühsamer Schluf folgt dem anderen. Die Pizza ist nun auch schon wieder einige Stunden her und so manch eine(r) fantasiert wohl schon von einer heißen Mahlzeit im Biwak. Da auf einmal ‑ Schokoladeduft zieht durch den Schluf! Sind es erschöpfungsbedingte Wahnvorstellungen? Wetti folgt der Duftspur und findet Max hinter dem Schluf Schokolade essend vor. Aber gottseidank ist für alle genug da, und so geht es gestärkt und mit neuer Motivation weiter. An der Wasserstelle unweit des Biwaks wird noch schnell lehmiges Wasser geschöpft und das Biwak wird schließlich um Mitternacht bezogen.

Samstag, 2.7.:

Alle sind noch ein bisschen müde vom langen Marsch des Vortages und so wird beschlossen, heute nur eine kurze Tour zu machen. Wir folgen dem Hauptgang des Schwabenlandes Richtung Westen und seilen ab am Gorbatschoff-Step. Auf dem Weg durch das Küfel versichern wir zwei Kletterstellen mit Handseilen und erreichen wenige Meter später einen eher kleinräumigen, Richtung Nordwesten ziehenden Canyon, welcher in einer geräumigen Halle mit schönen Lehmfiguren endet. Dort setzt ein etwa Richtung Norden ziehender, steil aufwärts führender, großräumiger Gang an. Dieser war früher durch Gunnar bereits ein Stück erklettert worden, das alte Seil war noch zu sehen und konnte für den Aufstieg verwendet werden. Stajgr beginnt, weiter aufzusteigen ‑ ein mühsames Unterfangen, da ein Vorankommen im feuchten Gatsch nicht ganz so einfach ist. Der kaugummiartige Lehm sorgt dafür, dass die Gummistiefel am Boden kleben bleiben und die Steigklemmen am Seil durchrutschen ‑ eine eher unangenehme Konstellation. In rund 40 m Höhe über dem Hallenboden wird eine Stufe erreicht, wo eine niedrige, enge, lehmige Gangfortsetzung weiter Richtung Norden zieht. Bei der Stufe setzt auch ein senkrecht nach oben ziehender Schlot an, welcher sofort Stajgrs Interesse weckt. Doch genug für heute. Wir sind alle schon bzw. immer noch etwas müde und wollen zurück ins Biwak, welches wir um 22.00 erreichen. Zuvor werden die Einbauten am Gorbatschoff-Step noch erneuert, da die alten Spit, Schraubglieder und mehrfach geflickten Seile nur mehr aus reiner Verzweiflung zu halten scheinen und Wetti etwas nervös machen.

Beim abendlichen Wasserholen im Biwak fällt die deutlich stärkere Wasserführung auf. Einerseits nicht schlecht, da nun frisches, klares Wasser statt trüber Brühe zur Verfügung steht. Andererseits auch etwas unheimlich, da das Wasser bis spät in die Nacht hinein immer mehr zu werden scheint und wir mit Sorge an den Nachhauseweg denken bzw. daran, ob wir wohl noch trockenen Fußes durch den Grauen Gang kommen werden.

Max hatte letzte Nacht ziemlich gefroren und beschließt, das im Biwak aufgestellte Zelt zu beziehen.

Sonntag, 3.7.:

Max hat nun eine deutlich wärmere Nacht hinter sich, dafür tun ihm sämtliche Knochen weh, da er im kleinen Zelt eingerollt schlafen musste. Stajgr geht schlossern ‑ was sonst. Peter, Max und Wetti basteln noch ein bisschen am Gorbatschoff-Step herum, dann folgen sie dem Hauptgang weiter Richtung Westen, um dem Majestix-Dom, wo auch noch interessante Fortsetzungen ihrer Erforschung harren, einen Besuch abzustatten. Im Canyon knapp vor dem Dom bemerken sie dann, dass die nicht unbeträchtliche Wasserführung ein Weitergehen unratsam macht. Sie drehen um und suchen Stajgr in seinem Schlot auf. Er schlossert noch immer… Einige Stunden später ist Stajgr immer noch zu keinem sichtbaren Ende gekommen und es wird beschlossen, auch den Montag zur Weiterarbeit im Schlot zu verwenden. Im Küfel werden das Skelett einer größeren Fledermaus (vermutlich Mausohr) sowie die Mumie einer etwas kleineren Fledermaus (evtl. Langohr oder kleinere Myotis-Art) gesichtet und vor Ort belassen. Auch ein Tropfloch mit einer Vielzahl an eingeschwemmten Fledermausknochen weckt die Aufmerksamkeit der drei Forscher, da es ein bisschen gruselig aussieht, wie der Schlund eines fledermausfressenden Höhlenmonsters. Nach nun schon drei Tagen fernab der Oberfläche läuft die Fantasie auf Hochtouren!

Montag, 4.7.:

Alles ist dreckig, feucht, gatschig. Der Schlafsack müffelt eigenartig, die Daunenjacke wärmt nässebedingt nicht mehr, das Brot knirscht zwischen den Zähnen und die chinesischen Instantnudeln haben auch schon ihren Reiz verloren. Die Steigklemmen sind nicht mehr als solche zu erkennen, die Haarfarbe der ForscherInnen ist einheitliches Hirlatzlehmbraun. Stajgr zeigt sich von all dem unbeeindruckt und ‑ schlossert. Auch am Ende des dritten Arbeitstages ist das Ende dieser Fortsetzung noch nicht erreicht. An den Schlot schließt ein wiederum steil nach oben führender Gang an, welcher wieder in einen Schlot übergeht. Es bleibt spannend! Weiters wird dieser Tag zu etwas Sightseeing zu den höchsten Teilen der Hirlatzhöhle (Umstandsgang, Brückenschacht und Excentrique) genutzt, auch wird das im Biwak gelagerte Material inventarisiert.

Dienstag, 5.7.:

Das Biwak wird zeitig in der Früh geräumt und wir beginnen mit dem Abstieg über den „Mexikaner“ bzw. „Schwabenlandexpress“. Wir planen, die teilweise im Februar sanierten Einbauten aus den achtziger Jahren nun komplett zu erneuern und fragen Stajgr, ob er wohl Lust habe, diese Aufgabe zu übernehmen. Stajgr antwortet mit einem knappen „nein“, wofür er unser vollstes Verständnis hat, schließlich hat er drei Tage lang Schwerarbeit geleistet. Das dafür vorgesehene Seil verbleibt daher an der Abzweigung. Der Schwabenlandexpress beginnt mit einem engen, mühsamen, feuchten Canyon. Rutschige Kletterstellen müssen mit den schweren Schleifsäcken bewältigt werden, man hat gleichzeitig Sorge, festzustecken und abzustürzen. Wettis Schleifsack verschwindet in einem Loch, Wetti gleich hinterher, gottseidank ist das Loch nicht tief und die Landung im Lehm eine weiche. Je tiefer wir kommen, desto breiter und angenehmer zu befahren wird der Canyon. Jedoch macht sich langsam Müdigkeit bemerkbar, die Feuchtigkeit kriecht in die Knochen, das Material ist glitschig und immer schwieriger handzuhaben. Immer wieder müssen wir uns beratschlagen und den Weiterweg suchen. Endlich stehen wir vor dem letzten, tiefen Schacht, welcher von allen vieren ohne nennenswerte Probleme bewältigt wird. Die Erleichterung ist riesengroß, als wir heil unten im Hauptgang angekommen sind. Wir sind alle einer Meinung, dass der Schwabenlandexpress seinem Namen nicht gerecht wird, schließlich haben wir runter eine gute Stunde länger als auf dem altbekannten Normalweg rauf gebraucht. Und sollte irgendjemand wieder auf die unsinnige Idee kommen, diese Route zu wählen, werden wir unser Möglichstes tun, ihn von diesem Vorhaben abzubringen.

Der Weg von der Sprengstelle zum Höhleneingang verläuft ohne nennenswerte Probleme. Im Grauen Gang steht etwas mehr Wasser als am Hinweg, aber es reicht nicht einmal aus, unsere Gummistiefel zu fluten. Wir verlassen die Höhle am späten Nachmittag, verdreckt, müde, voller blauer Flecken, aber zufrieden. Es duftet nach Gras und Sommer und wir freuen uns auf eine Dusche, ein weiches Bett und „richtiges“ Essen.


Das Team: Roland Harnisch (Sherpa), Peter Hübner, Maximilian Sadilek (erste große Höhlentour!), Jiri „Stajgr“ Vokac, Barbara Wielander