2011-12-27: Hirlatzhöhle hat über 100km!

Aus Höhlenverein Hallstatt-Obertraun
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Hirlatzhöhle 100 km

Verbindung von Oberer Brandgrabenhöhle (Kat. Nr. 1546/0006) zur Hirlatzhöhle (Kat. Nr. 1546/0007) bezwungen

Gerhard Wimmer hat am 27.12.2011 von der Obereren Brandgrabenhöhle den Niemandslandsiphon in der Hirlatzhöhle erreicht. Damit ist die Hirlatzhöhle nun über 100 Kilometer lang!

Bericht von Gerhard Wimmer

Vorgeschichte

Seit gut einem Jahr befasse ich (Gerhard Wimmer, d.R.) mich mit der Oberen Brandgrabenhöhle. Immer wieder kam diese ins Gespräch und ich begann mit den Nachforschungen. Es stellte sich heraus, dass schon einige Tauchaktionen stattgefunden haben, doch ein richtiger Weiterweg nie gefunden wurde. Das Problem ist, den richtigen Moment zu finden, um eine Tauchaktion zu starten und den Weg in die Hirlatz zu finden. Ich überlegte mir also, wie ich das angehen könnte. Ich kamen zu der Entscheidung, dass wir, falls die Höhle zugänglich wird, ein Kabel als fixe Führungsleine installieren. Dadurch würden wir mehr Zeit haben für das Projekt und könnten auch im Sommer, wo die Gänge alle unter Wasser sind, Tauchgänge machen. Eine Führungsleine, wie wir sie normal verwenden, würde vermutlich bei der Schneeschmelze wieder heraus gespült werden. Mit Dr. Peter Hübner und Meyer Uli nahm ich auch Kontakt auf, um so viele Infos wie möglich über die Hirlatz und der Oberen Brandgrabenhöhle zu bekommen. Luftlinie waren es rechnerisch noch 400-500 Meter, jedoch auch vertikal 40 Meter Höhenunterschied. Der Nordsiphon und der darauf folgende Niemandslandsiphon hatten klares Wasser und der Wasserstand schwankte nur um wenige Meter. Das Wasser in der Oberen Brandgrabenhöhle schwankt jedoch um gut 20 Meter. Es besteht also keine direkte Tauchverbindung und es muss zwischen der beiden Höhlen noch eine Schwelle geben, von der keiner weiß, wie diese aussehen könnte und ob es möglich ist, sie zu überwinden.

Der vergangene November war sehr trocken und ich machte mich Mitte November auf den Weg, die Höhle zu erkunden und kennen zu lernen. Einige Male im Sommer ging ich zur Höhle und immer stand das Wasser im Gabelschacht, doch nun war es weg. Wir seilten uns ab, doch nach wenigen Metern standen wir vor dem ersten See, mussten jedoch umkehren, da das Wasser zu tief war und wir ohne Neoprenanzüge unterwegs waren. Eine Woche später wurden die Neoprenanzüge eingepackt, doch leider kamen wir dieses Mal wieder nicht weiter. Ein Siphon versperrte uns den Weiterweg. Es wurde Mitte Dezember und die Bedingungen waren immer noch gut. Gemeinsam mit Meyrl Herbert gings dann hoch zur Höhle. Bei der Aktion wollte ich auf Nummer sicher gehen und wir packten jeder ein 4 Liter Tauchgerät ein in den Schleifsack. Am Siphon angekommen war die Überraschung groß, denn da war kein Wasser mehr und wir konnten bequem weiter spazieren. Ich kannte die Höhle nur aus Erzählungen und vom Plan, ich wusste also nicht, wie weit wir kommen würden und ob wir doch noch tauchen müssen um weiter zu kommen. Auf dem Weg zum bekannten Ende der Höhle waren lediglich ein paar Seen, durch die man schwimmen muss, was uns sehr erfreute, denn wir konnten uns zwischendurch ein wenig abkühlen. Zügig kamen wir voran und erreichten den Endsiphon. Da wir das Tauchgerät schon mitgeschleppt hatten, suchten wir auch nach dem Weiterweg. Eine Tauchleine, die Michael Meyberg 1999 zurückgelassen hatte, fanden wir im ersten der 3 möglichen Fortsetzungen. Ich tauchte der Leine gut 25 Meter entlang und kehrte um. Der Gang hat an der Stelle 1 Meter Breite und 1,5 Meter Höhe, bei 4,5 Meter Tauchtiefe. Der zweite Siphon hatte am Beginn ca. 1,8 Meter Durchmesser. Ich und mein Begleiter tauchten gut 30 Meter in den Gang hinein, bis er sich um 90° dreht und an der Stelle eine Dimension von 4x5 Meter aufweist. An den Seitenwänden konnte ich mehrere kleine Abzweigungen erkennen. Die Hauptfortsetzung war also gefunden und ich musste nur noch - wenn es das Wetter zulässt - kommen um weiterzuforschen. Nach 4 Stunden waren wir wieder beim Auto.

Ich fragte mal durch die Runde und schnell waren motivierte Träger gefunden, die mich bei dem Projekt unterstützten.


Am 23.12.2011 gings richtig los

Mit dabei waren bei dieser Tour Christian Cichon, Thomas Silber, Brummer Peter, Zauner Bernhard und natürlich ich. Am Tag zuvor hatte ich bereits zuhause alles vorbereitet und in 5 etwa gleich schwere Rucksäcke verstaut. Ausrüstung bestehend aus : Trockentauchanzug mit Unterzieher, 2 Stück Hauptlampen, 1 Stück 11,1 Liter Aluminium Tauchflasche mit Atemregler, 1 Stück 4 Liter Tauchflasche mit Regler, 1 KISS Rebreather, 400m Tauchleine und noch ein bisschen Kleinkram. Peter und Bernhard waren um 7.30 Uhr zu mir nachhause gekommen, gemeinsam machten wir uns auf den Weg nach Hallstatt, wo wir uns mit dem Rest der Truppe trafen. Trotz der schweren Säcke kamen wir gut voran und standen nach 30 Minuten vorm Eingang der Höhle. Am Gabelschacht angekommen zogen wir unsere Anzüge an und seilten uns in den Schacht ab. Nach einer weiteren Stunde erreichten wir die Siphone. Ich begann sofort mit dem Zusammenbau des Rebreathers, den ich für den Transport in seine Einzelteile zerlegt hatte. Wir befestigten die Tauchleine an einem großen Block, der am Rande des Sees lag. Allein tauchte ich in den noch unerforschten Siphon ab. Kreisrund und glatt sind die Gänge, also gibt es keine Möglichkeit, um die Leine zu befestigen. Sehr viel dunkles Sediment befindet sich an Wänden und am Boden. Ich versuchte, so ruhig und langsam durch die Gänge zu schwimmen wie nur irgendwie möglich, um so wenig Sediment wie möglich aufzuwühlen. Endlich fand ich wieder eine Stelle, an der ich die Leine befestigen konnte und schon stand ich vor der nächsten Entscheidung, der Gang teilte sich. Rechts oder links? Beide sind ca 1,5 Meter hoch und 3 Meter breit. Ich entschied mich für den linken, doch ich kam nicht weit und der Gang teilte sich erneut. Ich dachte mir vorher links, jetzt also rechts. Nach 70 Meter führt der Gang steil nach oben und ich erreichte nach nur 7 Minuten die Oberfläche. Der erste Siphon war durchtaucht. Eine 2 Meter hohe Kletterstelle war der Weiterweg. Ich entschied mich dafür, nicht aus dem Wasser zu steigen, umzukehren und nicht weiter zu machen. Nachdem ich alles zurück vermessen hatte, tauchte ich nach 25 Minuten wieder bei meinen Kollegen auf. Die Flaschen ließen wir an Ort und Stelle liegen, das Kreisel brachte ich den Gang weiter nach oben, um sicher zu sein, dass, wenn das Wasser steigen würde, das Gerät nicht absäuft. Den Rückweg verkürzte ich ein wenig, indem ich den Siphon, der bei den Linzergängen ist, durchtauchte. Das erschien mir einfacher, als mit 35 kg am Rücken durch kleine Röhren zu krabbeln. Nach insgesamt 6 Stunden trafen wir wieder alle erschöpft beim Auto ein. Der erste Teil war also geschafft!


25.12.2011

Gemeinsam mit Kallinger Siegfried machte ich mich erneut auf den Weg Richtung Hallstatt. Für Siegfried war das doppelte Premiere, denn erstens kannte er die Höhle nicht und zweitens hat er noch nie einen Schacht befahren. Doch das war alles kein Problem, wir kamen rasch voran und erreichten schon sehr bald die zurückgelassene Ausrüstung. Ich kontrollierte, ob die Sauerstoffsensoren alle die richtigen Werte lieferten, machte mich tauchbereit und ging in Richtung Siphon. Ich nahm wieder die Abkürzung durch den Siphon, um mir erneut das Krabbeln zu ersparen. Sigi erklärte ich kurz den Weg durch die Umgehung. Ziel des Tauchgangs war, die noch nicht betauchten Gänge zu vermessen und nach weiteren, vielleicht einfacheren Ausstiegsmöglichkeiten als die, die ich vor 2 Tagen entdeckt hatte, zu finden. Leider blieb es bei der einen Stelle, denn die anderen Gänge verlaufen parallel zum Hauptgang und kommen später wieder zusammen. Ein anderer Gang führt komplett in die entgegengesetzte Richtung, die ich als für richtig dachte, und ich drehte auf offener Strecke mit Blick ins Schwarze um. Der Gangquerschnitt an der Stelle war 1 Meter Höhe und 3 Meter Breite. Wieder aus dem Wasser, ließ ich die Flaschen liegen und trug das Kreisel hoch zu der vielleicht hochwassersicheren Stelle. Wir machten uns auf den Heimweg. Insgesamt waren wir nur 4 Stunden unterwegs.

26.12.2011

Diesmal begleitete mich neben Sigi auch noch Lechner Christoph. An dem Tag war für Sigi die nächste Premiere, er tauchte das erste mal Sidemount. Am Abend zuvor bauten wir noch das Equipment dafür zusammen. Er sollte mich an dem Tag durch den ersten Siphon begleiten und mir beim Aufstieg und Transport der Ausrüstung hinter dem ersten Siphon behilflich sein. Dazu brauchten wir weitere Ausrüstung, die wir auch noch in die Höhle schleppen mussten, was Dank der Mithilfe von Christoph recht gut ging und wir wieder sehr schnell voran kamen. Wir bereiteten alles vor und machten uns auf zum Siphon. Sigi tauchte mit viel zu viel Blei als Erster ab und ich folgte ihm. An der Auftauchstelle angekommen, zog sich Sigi die Flossen aus und stieg die 2 Meter Hohe Stufe empor. Er nahm mir Flossen und Flasche ab und ich konnte hinterher klettern. Ich stellte den Rebreather zur Seite und verlegte die Taucherleine weiter ins trockene Unbekannte. Weit gings nicht und wir standen vor dem nächsten Siphon. Ich ging zurück, schnallte mir das Kreisel um und tauchte ab in den zweiten Siphon. Nach nur wenigen Metern erreichte ich eine Luftglocke, doch der Gang führte weiter nach unten in die Tiefe. Links und rechts zweigten Gänge ab, welcher wird wohl der richtige sein? Nach 9 Minuten erreichte ich erneut die Oberfläche und ich befand mich am Anfang eines 4x4 Meter großen Ganges. Der flach ansteigende Gang verleitete mich dazu, das Gerät abzulegen und ich begann mit der Leine weiter den immer größer werdenden Gang zu erkunden. Ich hörte das Wasser rauschen und folgte dem Gang. Ein paar kleinere Gänge zweigten seitlich ab, in denen man das Wasser hörte. Knapp 180 Meter weiter und 15 Minuten später, stand ich vor dem 3. Siphon der Höhle. Ich hatte offensichtlich die Schwelle gefunden und überwunden. Ganz anders als zuvor war das Wasser und der Fels! Glasklar und hell! Am Rückweg habe ich die verleinte Passage vermessen und zeichnete eine Skizze. Dem Gang gab ich den Namen „Niemandsland-Gang“. Nach 50 Minuten tauchte ich wieder ab in Richtung Ausgang. Sigi hatte schon fast die Nerven verloren, weil ich ihn 75 Minuten habe warten lassen. Wie wird’s da wohl Christoph gehen, allein in der nassen kalten Höhle? Er meinte, dass es schon ein bisschen kalt gewesen sei. Beim Auto angekommen, spürte er seine Zehen noch immer nicht ;-) An dem Tag waren es 5 Stunden unter Tage. Beim Abstieg vom Eingang zum Auto trafen wir noch Buchegger Gottfried, der gerade mit 8 Leuten auf dem Weg in die Hirlatz war und ich erzählte ihm von meinen Entdeckungen. An dem Abend hatte ich noch jede Menge zu erledigen. Die Akkus der Tauchlampen, Helme und Tauchcomputer mussten geladen werden. Die Reels waren alle leer, also musste ich Leine markieren und alle 2 Meter einen Knoten in die Leine machen. Mit Hilfe der Knoten kann ich dann später beim Tauchen die Länge zwischen der einzelnen Punkte ermitteln. Wie wird’s wohl weiter gehen?



27.12.2011

Nach einer schlaflosen Nacht, da ich so aufgeregt war und im Gedanken schon wieder tauchte, läutete der Wecker viel zu früh um 7.00 Uhr. Bernhard und Peter trafen um 7.30 Uhr bei mir ein und wir machten uns das letzte Mal auf in Richtung Hallstatt. Nach 5 Minuten Fahrt dachte ich mir, dass noch irgend was fehlt? Der Trocki lag noch zu Hause und wir mussten nochmals umdrehen. Um 10 Minuten nach 9 kamen wir schließlich am Parkplatz beim Simoni Denkmal an, wo Faul Günter bereits auf uns wartete. Im Auto hinter uns waren dann noch Mitter Roman, Thomas Silber und Kallinger Sigi. Zu siebt gings los hinauf zur Höhle. An dem Tag sollten mich Sigi und Thomas begleiten durch die ersten 2 Siphone und mir beim Transport der Ausrüstung am Weg zum Dritten behilflich sein. Wir mussten also nochmals eine komplette Ausrüstung für einen Taucher mitschleppen. Am Schacht angekommen, machten sich alle bereit zum Abseilen. Plötzlich ein Schrei! Günter hat beim Abseilen irgend einen Fehler gemacht und ist den Gabel-Schacht ca 6 Meter weit abgestürzt. Schnell seilte ich mich ab um zu sehen, was los ist. Es war zum Glück nichts gebrochen und ihm gings einigermaßen gut. Am Hinterkopf hatte er eine 3 cm lange Platzwunde. Er konnte eigenständig den Schacht wieder hochsteigen und die Höhle verlassen. Roman Mitter brachte ihn dann nach Bad Ischl ins Krankenhaus. Zu fünft machten wir uns also auf zu den Siphons. Beim Rebreather angekommen, machten wir uns zu dritt tauchfertig und gingen den steilen Gang hinunter zum Wasser. Thomas und ich durchtauchten die bewährte Abkürzung. Die drei anderen nahmen die kleinräumigere trockene Umgehung. Wir bereiten uns vor zum Tauchen. Sigi verschwand als erster, dann Thomas und ich folgte ihnen. Angekommen bei der Auftauchstelle ging alles Hand in Hand und wir tauchten kurze Zeit später ein in den zweiten Siphon. Beim Durchtauchen wunderte ich mich, wie ich es geschafft hatte, die Leine so gut zu verlegen und das ohne Befestigungspunkte. Gemeinsam schafften wir meine Tauchsachen hoch zum Siphon und kurze Zeit später tauchte ich ab im klaren Wasser. Mit fantastischer Sichtweite tauchte ich geräuschlos ab in die Tiefe. Ich wusste aus den Erzählungen von Dr. Peter Hübner, dass der Gang im Niemandsland-Siphon an seinem Endpunkt bei der letzten Tauchaktion 2004 eine Größe wie der Blocktunnel haben sollte und das Ende der von ihm verlegten Leine in 14 Meter Wassertiefe sein sollte. Wieder hatte ich Probleme, meine Leine zu befestigen, da der Gang kreisrund und blank ist. Ich blickte auf meinen Tiefenmesser, ich hatte schon über 20 Meter Tauchtiefe erreicht! Es waren keinerlei Abzweigungen zu erkennen. Immer wieder blickte ich auf meinen Tiefenmesser, 21 Meter und die immer weniger werdende Taucherleine, und hoffte, dass ich genügend dabei hatte. Der Gang machte dann einen Knick und begann anzusteigen. 19-18-17-16-….Ich traute meinen Augen nicht, da plötzlich das Ende von Peters Leine zu sehen war! All die Anstrengungen und Mühen der vergangenen Tage waren vergessen und ich hatte Tränen in der Taucherbrille. Ich verband beide Leinenenden und begann mit der Vermessung. Als ich die Richtung am Kompass ablesen wollte, bemerkte ich, dass er defekt war und ich die Richtung nicht ermitteln kann. Irgend was geht wohl immer schief! Ich gab mich also mit Länge und Tiefe zufrieden. Nach 33 Minuten beendete ich den Tauchgang. Ich konnte es immer noch nicht ganz glauben, dass wir es geschafft haben, die beiden Höhlen zu verbinden. Nach einigen Fotos machten wir uns wieder auf den Rückweg. Es wurde die gesamte Ausrüstung wieder aus der Höhle gebracht und wir waren gesamt 7 Stunden unterwegs.

An der Stelle möchte ich mich nochmals bei allen Beteiligten bedanken, ohne deren Hilfe das Projekt nie so rasch verwirklicht werden hätte können!



Die gesamtlänge der Oberen Brandgrabenhöhle erhöht sich um 576m auf 2088m

Die Hirlatzhöhle hat jetzt 100.068 m!!!